Leseprobe

Hier finden Sie Ausschnitte aus dem Buch "ERKLÄRUNG DER WELT"

Matschhose 

 

Um die Abkehr des Menschen von der Natur und die Entfremdung von sich selbst auf ein einfaches Bild zu reduzieren, reicht ein Kind, das in einer Matschhose stocksteif und unglücklich auf einer mit Absturzsicherungen und Warnschildern versehenen Rutsche sitzt. 

 

Was soll das für eine Generation werden, die nicht ein einziges Mal im Leben die Brennnesseln auf den Waden oder Schlamm in der Unterhose erlebt hat. Sobald das Kind auch nur einen Fuß über den desinfizierten Laminatboden in die freie Welt setzen will, steht die besorgte Mutter bereits im Türrahmen und ruft "Soeren! Matschihöschen!", was der Soeren mit Bodenwälzen und Schreien kommentiert, die Ankleidung aber dann doch stoisch über sich ergehen lässt.  

 

 

Dann werden noch die Gummibänder stramm verschnürt und noch zwei Globuli eingegeben, da der Soeren meint, die Mutter hätte ihn beim Anziehen gekratzt, und der Soeren will sie jetzt verklagen, und dann sagt die Mutti aber schon "Husch, Husch!" und die arme Sau kann sich zwischen Malte und Torben einreihen, die auch stocksteif mit ihren neonbunten Gummischläuchen dastehen und nur erahnen können, dass sie sich zum Gespött der restlichen Welt machen, weil es die Matschhose nur in Deutschland gibt, im Land der Hosenscheißer, aber zum Glück gibt es zur Kompensation dieser Defizite ja heute Veranstaltungen, die sich "Waldbaden" nennen, wo man sich als Erwachsener nachträglich den ganzen Schmodder auf den Leib reiben kann.

 

 

Waldbaden 

 

Wenn sich irgendwelche verstrahlten Ökotanten mit dem nackten Wohlstandsarsch in den Schmodder setzen und sich einbilden, dass die naheliegende Autobahn das göttliche weiße Rauschen ist, dann haben wir es mit einer weiteren modernen Form des Selbstbeschisses zu tun. 

 

Hier lassen sich verpeilte Neuzeitindianer Lebensfreuden verkaufen, die eigentlich umsonst und selbstverständlich sein sollten. Der Gang in den Wald, der dem Menschen leider zwischen Internet und Piccolo-Frühstück abhanden gekommen ist, diente hunderten von Generationen als eine natürliche, beruhigende Inspiration. Diese wird nun von noch verpeilteren Tanten für teuer Geld als fragwürdiges Event angeboten.  

 

Bei diesen fast gruselig anmutenden Ritualveranstaltungen werden Bäume umarmt und Laub ins Gesicht gerieben, was einem Normaldenkenden den Schauer über den Rücken treibt, da alles auch immer eine sexuelle Note hat.  

 

Wenn Sie solchen Verwirrten im Wald begegnen, oder Ihnen solch eine Veranstaltung angeboten wird, vermeiden Sie jeden Kontakt, machen Sie einen großen Bogen und kontaktieren Sie die nächste Polizeidienststelle oder den zuständigen Revierförster. 

 

 

 

Geländesandalen 

 

Was dem Amerikaner sein Cowboy-Stiefel, dem Briten sein Oxford und dem Italiener sein Gucci-Slipper ist, ist dem Deutschen die Gelände-Sandale.  

 

Wo bereits die klassische Sandale dem modisch orientierten Ästheten den Bruch heraus treibt, überspitzt die Gelände-Sandale die Geschmacklosigkeit beinahe zur Groteske. Mit groben Stollen versehene Plastiksohlen werden mit nylongesteppten und gepolsterten Riemchen am blassen Besenreiserfuß des deutschen Plattfüßlers gehalten, damit dieser trotz vernachlässigter Nagelpflege mit den langen Krallen durch die Einkaufszentren des Landes stampfen kann.  

 

Wenn man sich solche Füße ansieht, kann man aber verstehen, dass diese auch in keinen anderen Schuh hineinpassen würden. Normalerweise wäre der Deutsche längst ausgestorben, da sich rein intuitiv alle interessanten Frauen mit Würgereiz und tränenden Augen abwenden. Glücklicherweise ist der Deutsche auf Freiersfüßen aber nicht auf diese modisch interessierten und attraktiven Damen des europäischen Auslandes angewiesen, da er sich mit der deutschen Grusel-Else paaren kann, die ebenfalls sollte Treter ihr Eigen nennt.

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