Gedankenlose
Das Träumen vom Glück mag wunderbar sein,
das Sinnen nach Liebe sei eine Rose,
doch die beste Zeit, mein lieber Freund,
ist die Gedankenlose.
Liebesfluss
Unter Bäumen, auf den Brücken
Liebespaare sitzen
und träumen in das Abendrot.
Auf den Bäumen, in den Wipfeln,
wo die Kinder Herzen ritzen,
an den Stricken, Leiber, tot.
Auf den Brücken, unter Bäumen,
Liebespaare küssen
und tanzen ihren Liebesreigen.
Unter Brücken fahren Kähne,
Fährmannsleute freundlich grüßen,
und mit dem Strome Leichen treiben,
der verflossnen Liebe nach.
Hassliebe
Ich hasse den Sommer,
das Meer und den Strand.
Ich hasse Herrn Sommer
im Morgengewand.
Ich hasse den Winter,
die Kälte, den Schnee.
Ich hasse Frau Winter
im Cabriolet.
Ich hasse den Herbst,
all das Laub und den Wind.
Ich hasse Frau Herbst
das hässliche Kind.
Ich hasse auch den Frühling
wenn alles blüht.
Ich hasse Herrn Schmüling
der Grillkohle glüht.
Ich hasse bald jeden und alles
in Massen.
Du fragst was ich liebe?
Ich liebe das Hassen.
Das Weilchen Weihnacht
Ist es die Schwerkraft
oder Geld,
welches die Welt
zusammenhält?
Doch irgendwann
in jedem Fall,
kommt das Aus,
mit lautem Knall.
Dann trennen sich
selbst kleinste Teilchen
und dann ist Weihnacht
für ein Weilchen.
Endzeitfotograf
„Eine Sekunde noch. Bitte lächeln!
Wir machen ein Foto für die Nachwelt.
Keine Sorge, wenn das Foto erscheint,
sind Sie wahrscheinlich bereits tot.
Also nur ein Foto von toten Menschen.
Ein Bild von Geistern. Geisterfoto.“
Seelenzombies
Dort wo die Mutter mit dem Kinde
einst ging innig Hand in Hand,
liegt nun ein totes, dunkles, schweres,
beinahe seelenloses Land.
Wie eine Seuche kriecht umher,
die erbarmungslose Kälte.
Haus um Haus, und Block um Block
gibt es Wärme nimmermehr.
Das arme Kind kennt keine Schmerzen,
kennt weder Mitgefühl, noch Not.
Denn, wie die Mutter kalt im Herzen,
ist auch die Kinderseele tot.
(Deutschland, im November 2007
Fünf Jahre. Sieben Kilo. Kind verhungert. Mutter verhaftet.)
Sex
Möglich,
dass der Mann
nichts merkt,
doch meistens
ist es umgekehrt.
Rabenschwarze Nacht
Es flüstert in der Dunkelheit
des Windes kalter Atem.
Dort hinten tobt ein Sturm und schreit,
er will nicht länger warten.
Es ist der Erde schiere Kraft,
die dich um den Schlaf gebracht.
in dieser rabenschwarzen Nacht.
Eichhörnchen greifen an
Im nächtlichen Walde
kam es zu Attacken
zerzaustes Haar
zerrissene Jacken
und die Tüte mit den Nüssen
von den Bäumen
Monster grüßen
Und dann später großes Reden
über Krallen, Zähne
Bodenbeben
Und im Geäst ein Raschel, Wuschel.
Was?
Doch nicht die Süßen
mit dem Puschel?
Metzgergilde (Eine Lobpreisung)
Bis zu den Knöcheln tief,
in Därmen und Geweiden.
Die Hände, Haare voller Blut.
Ja, ja, so ist es gut.
In der Not
In der Not,
ja in der Not
da frisst der Teufel
Kätzchen.
In der übrigen Zeit
ja in der Sommerszeit
da frisst der Teufel
Eichhörnchen.
Meistens.
Richard erzählt
Wenn Richard aus den Ferien kommt,
da kann er was berichten.
Leute! Mensch, ich sage euch,
DAS, das sind Geschichten.
Von Kunden da berichtet er;
vom Waschen und vom Schminken.
Manche Kunden riechen kaum
und andere, die stinken.
Von Mütterlein, nur 30 Pfund,
von welchen in zwei Teilen.
Von Messerchen, und Löffelchen,
von Haken und von Beilen.
Von Kisten ganz aus Edelholz
und dem Parzellengatter.
Ja, der Richard Hagemann.
Sein Vater ist Bestatter.
Zwergental
Oben auf dem Berge,
da lebt es sich famos.
Unten sind nur Zwerge
und Du, du bist so groß.
Die sind mickrig winzig
und so schrecklich klein,
Doch plötzlich da bemerkst du:
Du, du bist allein!
Und all die Zwerge feiern,
sind vergnügt und froh.
Du steigst hinab ins Tale.
Ist auch besser so.
Das unschuldige Spiel schaulustiger Kinder
Ausflugziel zur Unterhaltung.
Spannung, Wetten, Horrorshow.
„Da, ein wunderbarer Absprung“
Doppellooping. „Here we go!“
Der Aufschlag reißt den Leib in Stücke.
Applaus, Applaus, Bravissimo.
Mit Chips und Bier da warten sie, unter der Mintard´brücke.
Wortprojektile
Die Worte stechen wie spitze Steine
in deinem geschwollenen Hals.
Du möchtest sie mit der Zunge
wie Projektile herausschleudern.
Doch lutscht du Sie vorher
zu kleinen runden Dingern
und es entweicht dir
wieder nur
ein weiches
Entschuldigung.
Naseweisheiten
Eskalation
Würdest du, so würde ich.
Hättest du, so hätte ich. Dich.
Wirst du, so werde ich. Ewiglich.
Wenn ich dich sehe, hasse ich. Mich.
Erlösung
Wenn nicht deine Schuld dich verfolgt,
sondern nur die Angst vor der Vergeltung,
brauchst du dich nicht fragen,
warum du nicht frei sein kannst
Vergebung
die Nägel heruntergekaut bis zum Blut
gefangen aber noch immer
mit der Hand in deinem Gesicht